Gehorsam versus Glauben

Was im Alten Testament die Gebote sind, ist im neuen Testament das Gebot des Gehorsams, könnte man meinen und meinen leider auch viele. Tatsächlich ist im neuen Testament öfter die Rede von Glaubensgehorsam, aber das hat weniger mit Handlungen, als vielmehr mit einer Gesinnung zu tun.
Ich stieß letztens auf eine interessante Bibelstelle, die mir unmöglich war zu verstehen, solange meine Augen vom Gesetz geblendet waren, aber jetzt, wo Gott meine Augen für seine Gnade mehr und mehr öffnet, da ergab alles plötzlich einen Sinn;) :

Habet acht auf euch selbst: wenn dein Bruder sündigt, so verweise es ihm, und wenn er es bereut, so vergib ihm. Und wenn er siebenmal des Tages an dir sündigt und siebenmal zu dir umkehrt und spricht: Ich bereue es, so sollst du ihm vergeben. Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Vermehre uns den Glauben! Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so würdet ihr zu diesem Maulbeerfeigenbaum sagen: Werde entwurzelt und ins Meer gepflanzt! und er würde euch gehorchen. Wer aber von euch, der einen Knecht hat, welcher pflügt oder weidet, wird zu ihm, wenn er vom Felde hereinkommt, sagen: Komm und lege dich alsbald zu Tische? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Richte zu, was ich zu Abend essen soll, und gürte dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; und danach sollst du essen und trinken? Dankt er etwa dem Knechte, daß er das Befohlene getan hat? Ich meine nicht. Also auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprechet: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.
Lukas 17:3‭-‬10 ELB

Für mich ergaben diese Zeilen früher nie Sinn. Da redet Jesus erst übers Vergeben, dann über Glauben und plötzlich die Geschichte mit dem Diener bzw Knecht? Dann am Ende noch der Hinweis: Erwartet bloß keinen Lohn für das, was ihr tut - ihr wart mir das sowieso schuldig!
Ganz ehrlich? Was soll das?
Das klingt kein bisschen nach dem liebevollen Jesus, der für seine Freunde in den Tod geht.
Aber was, wenn Gott auch hier wieder einen Schatz verborgen hat, den es gilt aus der Selbstgerechtigkeit zu bergen?
Klar, die "alte Doreen" würde sich auch gern damit rühmen, dass sie nichts für einen Lohn tut, sondern alles nur aus der Schuldigkeit Christus gegenüber - daran ist prinzipiell auch nichts Verwerfliches, abgesehen davon, dass es wieder ein wenig Eigenlob zulässt, natürlich getarnt unter dem Deckmantel der Demut...
Aber was, wenn Jesus gar nicht sagen will: "Seid mir gehorsam und erwartet keinen Dank!", sondern so ziemlich das Gegenteil?
Dass die Jünger nach der Ansprache über Vergebung danach fragen, wie man solch einen großen Glauben bekommen kann, erscheint noch Recht logisch.
Doch was sagt Jesus dann?

Wenn ihr Glauben habt wie ein Senfkorn, so würdet ihr zu diesem Maulbeerfeigenbaum sagen: Werde entwurzelt und ins Meer gepflanzt! und er würde euch gehorchen.

Genau genommen sagt Jesus irgendwie: "Es braucht gar nicht viel Glauben, es braucht eben nur Glauben!"

Wer aber von euch, der einen Knecht hat, welcher pflügt oder weidet, wird zu ihm, wenn er vom Felde hereinkommt, sagen: Komm und lege dich alsbald zu Tische? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Richte zu, was ich zu Abend essen soll, und gürte dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; und danach sollst du essen und trinken? Dankt er etwa dem Knechte, daß er das Befohlene getan hat? Ich meine nicht. Also auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprechet: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.

ABER: "Niemand von euch hat diesen Glauben! Ihr betrachtet euch nur als meine Diener und tut was ich euch sage - das ist Gehorsam NICHT Glaube!"
Für mich klingt es, als würde Jesus sagen:
"Wer von euch würde erwarten, nachdem ihr draußen auf dem Feld wart, dass ich ihn bitte sich einfach zur Ruhe zu setzen und den Tag ausklingen zu lassen? Ich meine, niemand von euch! Und zwar weil ihr euch für meine Diener haltet."
Und so lange das so ist, wird sich der Maulbeerbaum eben nicht bewegen. Denn bisher taten die Jünger nur, was immer ihnen aufgetragen wurde. Glaubten sie an Jesus? Ja,irgendwie schon, zumindest genug um ihm bedingungslos zu gehorchen - Aber Gehorsam scheint nicht die "Art" von Glaube zu sein, die Berge versetzt.
Wir sehen ja auch, wie die Jünger immer und immer wieder durch Unglauben scheitern:
Der mondsüchtige Knabe, der Sturm auf dem Meer, Petrus' Lauf auf dem Wasser... Wie viele Male"schimpft" Jesus mit seinen Jüngern, weil sie noch immer nicht recht glaubten.
(Es stellt sich hier tatsächlich die Frage, an welcher Stelle ihr Glaube überging vom Gehorsam zu echtem Glauben? - Das ist sicherlich eine weitere "Erörterung"/Offenbarung wert;))
Glauben, das heißt, sich nicht auf seine eigenen Fähigkeiten die Gebote oder auch nur Anweisungen Gottes zu befolgen zu verlassen, sondern Gott voll und ganz zu vertrauen, dass er tut, was getan werden muss. Dass er vollbringen kann, was er verspricht. Dass er, dort wo wir unfähig sind, dort, wo wir aufgeben und an unsere Grenzen stoßen, dass er sich besonders dort als der Allmächtige erweist, als der er sich selbst deklariert. Der "Ich bin", wo wir, was auch immer wir von uns selbst erwartet haben, nicht sind - und auch in seinen Augen nie sein mussten.
Eins machte mir Gott mit dieser Stelle ein für alle Mal klar:
Gehorsam und Glaube ist nicht das Gleiche, ja eigentlich stehen sie sogar in gewisser Weise im Gegensatz zueinander.
Ganz wunderbar wird das auch an einer weiteren Bibelstelle aufgezeigt:

Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr! wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut, der in den Himmeln ist. Viele werden an jenem Tage zu mir sagen: Herr, Herr! Haben wir nicht durch deinen Namen geweissagt, und durch deinen Namen Dämonen ausgetrieben, und durch deinen Namen viele Wunderwerke getan? Und dann werde ich ihnen bekennen: Ich habe euch niemals gekannt; weichet von mir, ihr Übeltäter!
Matthäus 7:21‭-‬23 ELB

Offenbar spricht Jesus von Menschen, die getan haben, was er aufgetragen hat - Heilt Kranke, treibt Dämonen aus etc.- aber trotzdem taten sie nicht den Willen des Vaters. Denn dieser sagt, dass alle, die an den Sohn GLAUBEN gerettet werden.
Nicht die, die gehorsam sind und sich an alles halten, was Jesus sagte, sondern die, die "einfach" glauben.
Glauben ist soviel mehr als Gehorsam, das zeigt auch diese Stelle:

Des folgenden Tages aber, während jene reisten und sich der Stadt näherten, stieg Petrus um die sechste Stunde auf das Dach, um zu beten. Er wurde aber hungrig und verlangte zu essen. Während sie ihm aber zubereiteten, kam eine Entzückung über ihn. Und er sieht den Himmel geöffnet und ein gewisses Gefäß, gleich einem großen leinenen Tuche, herabkommen, an vier Zipfeln gebunden und auf die Erde herniedergelassen, in welchem allerlei vierfüßige und kriechende Tiere der Erde waren und das Gevögel des Himmels. Und eine Stimme geschah zu ihm: Stehe auf, Petrus, schlachte und iß! Petrus aber sprach: Keineswegs, Herr! Denn niemals habe ich irgend etwas Gemeines oder Unreines gegessen. Und wiederum geschah eine Stimme zum zweiten Male zu ihm: Was Gott gereinigt hat, mache du nicht gemein! Dieses aber geschah dreimal; und das Gefäß wurde alsbald hinaufgenommen in den Himmel.
Apostelgeschichte 10:9‭-‬16 ELB

Diese Stelle zeigt vieles, aber sie zeigt vor allem: Das Gesetz und der Glaube stehen im Gegensatz zueinander. Gehorsam und Glaube sind zwei Bünde unterschiedlicher Art - Entweder du achtest darauf das Gesetz zu halten und bist ein Diener Gottes, oder Du glaubst an Gott, das Opfer seines Sohnes und den heiligen Geist und dieser Glaube wird Berge versetzen!
Wir sind nicht Diener Gottes, wir sind seine Kinder! Jesus sagt: Bittet und euch wird gegeben. Wie kann das sein, wenn doch wir die Diener sind?!
Es ist wirklich der Hammer!
Als Gott mir diese verwirrende Bibelstelle im Lukasevangelium aufschloss, dachte ich wirklich, ich spinne, aber plötzlich machte sie Sinn. Plötzlich verstand ich, warum Jesus aus heiterem Himmel anfing über Diener zu sprechen.
Leider ist das so gar nicht die Botschaft, die ich in der Kirche hörte - dort geht es immer darum, Gottes Diener zu sein, etwas für Gott zu reißen, etwas für ihn zu opfern, sich ihm hinzugeben und dabei hat er alles längst getan!
Wir fragen uns, warum die Kirche keine Kraft hat und die Antwort ist schlicht und einfach:
Weil sie jedem einzelnen von uns aufbürdet, was nur Jesus allein vollbringen konnte. Und ich bete in Jesu Namen, dass das aufhört! Dass Jesus sein Kirche zurück auf die Position rückt, auf die sie gehört. Dass die Kirche wieder Braut ist - geliebt, verehrt, verwöhnt und getragen von ihrem Bräutigam - und nicht Dienerin, denn Diener hat Gott nie gewollt. Es ging Gott schon immer um unser Herz und ich bete, dass wir Christen das endlich verstehen und seine unfassbare Liebe zu uns einfach dankbar annehmen ohne uns verpflichtet zu fühlen etwas zurück zu geben! In Jesu Namen Amen



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